Lukasz Mehl: Von Hannover über Shanghai zu ETL
So gestaltet der Leiter der ETL Systeme AG die Zukunft der Steuerberatung
Es gibt Karrieren, die auf den ersten Blick wirken, als wären sie akribisch geplant: als ideale Bewerbungsvorlage mit glatt gebügeltem Lebenslauf. Und dann gibt es solche, die sich organisch entwickeln – weil da jemand mit offenen Augen, klarem Kopf und gutem Bauchgefühl vorangeht. Die Karriere von Lukasz Mehl gehört zur zweitgenannten Sorte. Kein ständiger Jobwechsel, keine laute Selbstinszenierung – dafür eine stetige Entwicklung, geprägt von Bodenhaftung und Substanz.
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Seit Oktober 2024 ist Lukasz Mehl Leiter der Branchenspezialisierungen („Systeme“) bei ETL. In dieser Funktion wirkt er an einer der spannendsten Schnittstellen der Steuerberatungswelt. Ob Gastronomie, Landwirtschaft, Gesundheitswesen oder Online-Handel: Hier laufen die Fäden zusammen. Die Koordination unterschiedlichster Branchen und steuerlicher Rahmenbedingungen bietet ein Spannungsfeld und bedarf eines behutsamen Balanceaktes zwischen Mandantenfokus und Kanzleioptimierung, zwischen kurzfristigen Marktchancen und langfristigen Zielen der Unternehmensgruppe.
In diesem Spannungsfeld agiert Lukasz Mehl und hier fühlt er sich wohl. Und genau an dieser Stelle bringt er etwas mit, das man nicht lernen kann: Klarheit.
Wurzeln in zwei Welten
Lukasz Mehls Geschichte beginnt in Polen. Seine Mutter: eine Pastorin aus Sachsen-Anhalt, sein Vater Hochschullehrer in Polen. Beide bewegen sich zwischen verschiedenen kulturellen und gesellschaftlichen Welten. 1987 wagt die Familie den Neuanfang in Lübeck. „Wir kamen nahezu ohne Deutschkenntnisse hierher. Nur meine Mutter sprach Deutsch. Das war ein Sprung ins kalte Wasser. Aber Aufgeben stand nie zur Debatte.“ Stattdessen heißt es: sich einleben, anpassen, lernen. Der Vater arbeitet zunächst als Sachbearbeiter – er selbst sieht das keineswegs als Karriereknick, sondern eben als Neustart. Und für den jungen Lukasz sind Mutter und Vater stille Vorbilder für alles, was folgt. Leistungsbereitschaft und Eigenverantwortung zeichnen seinen weiteren Weg.
In Lübeck aufwachsend, absolviert Lukasz Mehl eine Ausbildung zum Reserveoffizier, studiert Wirtschaftsrecht in Osnabrück und findet dank einer inspirierenden Professorin Zugang zu einem Fach, das viele eher meiden: Steuerrecht. „Ich habe früh gelernt, dass man zu jedem Thema auch einen menschlichen Zugang finden kann. Gerade dort, wo es trocken wirkt und es auf den ersten Blick nur Paragrafen zu geben scheint“. Diese Erkenntnis prägt den 43-Jährigen bis heute.
Ein berufliches Abenteuer mit Blick über Grenzen
Nach dem Studium folgt der direkte Einstieg bei PwC – einer der größten Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften weltweit – zunächst als Praktikant, dann nahtlos anschließend als Steuerassistent, schließlich als Steuerberater. Der Einstieg ist klassisch, der Werdegang international. 17 Jahre lang bleibt er dem Unternehmen treu. Und seine Stationen sind so vielfältig wie lehrreich. Lukasz Mehl arbeitet im mittelständischen Mandatsgeschäft, in internationalen Projekten, als Vorstandsassistenz und schließlich im Bereich der strategischen Geschäftsentwicklung. Fachlich bietet sich ihm eine breite thematische Palette und menschlich genießt er eine Ausbildung im besten Sinn, die ihn lehrt, Haltung zu zeigen und Werte bewusst zu leben.
Der Lebensabschnitt, der ihn wohl am stärksten prägt, beginnt 2014: drei Jahre Shanghai, gemeinsam mit seiner Frau und den damals zwei kleinen Kindern. Er ist einer von nur zwei deutschen Steuerberatern vor Ort und somit der zentrale Ansprechpartner für deutsche Konzerntöchter in China. Dafür muss er sich ins chinesische Steuerrecht einarbeiten, aber auch in die chinesische Kommunikationskultur: „Manche Dinge spricht man aus, andere lässt man zwischen den Zeilen stehen. Das war eine Schule der zwischenmenschlichen Nuancen. Die Gesten, die Pausen. Das alles lesen zu können, war eine Herausforderung“.
Und es sind weniger die fachlichen Fragen, die ihn prägen, als die Erfahrung, auch unter Extrembedingungen souverän zu handeln. In Shanghai findet sich Mehl in einigen dieser Situationen wieder: kurzfristige Einfuhrauflagen und Produktionsausfälle kippen schon mal über Nacht die steuerliche Planung der Mandanten.
„Steuern sind wichtig, aber sie stehen selten oben auf der Agenda eines Unternehmers“, sagt Lukasz Mehl rückblickend. „Wer beraten will, muss die betriebswirtschaftlichen Themen der Mandanten verstehen und sich auf ihre Perspektive einlassen“. Diese Lehre nimmt er mit zurück nach Deutschland. Und sie beeinflusst fortan seine Haltung zur Beratung und die Rolle, die er hierbei einnimmt.
Zurück – und bereit für den nächsten Schritt
Die Anfrage von ETL kommt über eine Personalberatung. Lukasz Mehl sucht zwar nicht aktiv nach einer neuen Herausforderung, aber er ist neugierig. Und was er hört, passt: Es handelt sich um die Leitung der ETL Systeme – einen verantwortungsvollen Bereich, in dem strategisches Denken, operative Gestaltung und fachliche Tiefe zusammentreffen. „Ich habe mir das Angebot angehört und festgestellt: Das ist exakt das, was mich ausmacht.“
Die finale Entscheidung fällt er jedoch nicht spontan. Es folgen Gespräche mit ETL-internen Führungskräften, Rücksprachen mit ehemaligen Kollegen, ehrliche Gespräche mit seinem damaligen Chef bei PwC. Der Wechsel ist ein Prozess über mehrere Monate. Am Ende setzt sich bei Lukasz Mehl die Erkenntnis durch: Diese Position ist der richtige Schritt. Heute verantwortet Lukasz Mehl bei ETL sechs Branchenspezialisierungen – von Gesundheit (ETL ADVISION) über Hotellerie und Gastronomie (ETL ADHOGA), Profisport und Franchise-Systemen (ETL Franchise) bis zu spezialisierten Lösungen für E-Commerce (fynax) oder die Land- und Fortwirtschaft (ETL Agrar & Forst). Daneben gibt es bei ETL noch die Branchenspezialisierug für Tankstellen (edTAS) sowie mit der ETL Unternehmensberatung eine übergeordnete Systemebene.
Seine wichtigste Aufgabe: Die Systeme weiterentwickeln, ihre Leistungen bündeln und sie für Kanzleien sichtbarer machen. Mit den Systemverantwortlichen hat er ein gemeinsames Mehrwertversprechen erarbeitet und legt den Fokus genau darauf: Vorteile müssen bei den Kanzleien ankommen. Die Leistungen der Systeme orientieren sich dabei an sechs Themenfeldern: Fachwissen, Prozesse, Technologie, Vertrieb, Marketing und Netzwerk. Auf jedem dieser Felder werden Angebote überprüft, ausgebaut oder manchmal auch reduziert. „Nicht alles, was wir können, müssen wir auch machen“, sagt Mehl, „wichtiger ist, dass es den Kanzleien wirklich hilft.“ Genau unter diesem Aspekt wird derzeit ein neues Angebot im Bereich der Immobilienwirtschaft geprüft.
Führung ohne Eitelkeit
Fragt man ihn nach seinem Führungsstil, spricht der Leiter der Systeme nicht von Hierarchie oder Kontrolle, sondern von Vertrauen. „Ich stelle Menschen ein, die besser sind als ich und lasse sie machen“. Lukasz Mehls Verständnis von Verantwortung lautet: Ziele gemeinsam definieren, die Ressourcen zur Verfügung stellen und dann den Weg für die Experten freiräumen. Mikromanagement lehnt er ab: „Wenn man den richtigen Leuten vertraut, passiert Großartiges.“
Diese Haltung zeigt sich auch in seinem Selbstbild: Lukasz Mehl versteht sich als Sherpa. „Ich will nicht der sein, der auf dem Gipfel posiert. Ich bin der, der den Weg auskundschaftet, Orientierung gibt, die Seilschaft voranbringt – und der dafür sorgt, dass alle oben ankommen.“
Arbeit und Familie – ein Pendel
Aktuell lebt Lukasz Mehl mit seiner Frau und den gemeinsamen drei Kindern in Hannover. Seine jüngste Tochter ist fünf Jahre alt – und bestimmt oft auch den Tagesrhythmus ihres Vaters: Lukasz Mehl arbeitet in Teilzeit, bringt morgens die Kleinste in die Kita, ist nachmittags auch mal offline, um dann abends wieder E-Mails zu beantworten oder Präsentationen zu erstellen.
„Dabei bin ich kein Work-Life-Balance-Typ“, sagt er. „Für mich ist das Leben ein Pendel. Es gibt Phasen, da schlägt es in Richtung Arbeit aus, und dann wieder zurück zur Familie. Ich nehme jede Phase an und bereue nicht, was mir gerade fehlt.“ Auch diese Klarheit hat er sich erarbeitet. In Shanghai, auf Reisen, in unzähligen Projekten. Und die Klarheit prägt auch seine Art zu arbeiten. „Wenn ich nur sechs Stunden Zeit habe, setze ich mir klare Prioritäten.“
Die drei Jahre in China haben Lukasz Mehl dabei gezeigt, dass Effizienz nicht darin besteht, mehr zu arbeiten, sondern das Richtige zu tun. Diese Denkweise prägt heute auch seine Sicht auf die Herausforderungen der Steuerbranche.
Branchenspezialisierung bietet Chancen!
Wie viele Experten in seiner Branche, hat Lukasz Mehl ein scharfes Auge auf zwei starke Bewegungen in der Steuerberatung: den Fachkräftemangel und die Technologisierung. Jedoch anders als viele Mitstreiter sieht er beide Entwicklungen keineswegs als Bedrohung, sondern als Realität, auf die man klug reagieren muss.
Seine Antwort: Branchenspezialisierung. Denn wer sich klar auf eine Branche fokussiert, kann Wissen und Tools bündeln, tiefer beraten und am Ende besser skalieren. Die Systeme bei ETL bieten dafür den idealen Rahmen. „Spezialisierung heißt nicht Einengung, sondern Klarheit. Sie schafft Fokus und damit Freiheit“, sagt er. „Spezialisierung ermöglicht es, die Bedürfnisse der Mandanten wirklich zu verstehen, technologische Lösungen gezielt einzusetzen und das Team sinnvoll einzusetzen.“
Für die kommenden Jahre hat Lukasz Mehl ein deutliches Ziel vor Augen: Noch mehr Kanzleien sollen die Vorteile der Branchensysteme nutzen. Nicht, weil es „sein“ Projekt ist, sondern weil diese Vorteile den Kanzleien eindeutig als Wachstumstreiber dienen: „Wenn man die Unterstützung der Systeme nutzt, kann man sich strategisch ausrichten und gleichzeitig entlasten. Das ist keine Theorie, das passiert so täglich in der Praxis“.
Und während er darüber spricht, merkt man, dass es Lukasz Mehl nicht um die Aufmerksamkeit für seine Person geht. Er will eine substanzielle Wirkung im Alltag der Kanzleien erzielen. Und da ist er wieder, der rote Faden, der sich durch seine Karriere zieht: Bodenhaftung und Klarheit. Nicht der laute Auftritt zählt, sondern das Ergebnis, das Kanzleien schneller und sicherer ans Ziel bringt.




