Mitarbeitergewinnung im Familienbetrieb: Wie Berger Touristik Menschen für Cuxhaven begeistert
Interview mit Unternehmerin Verena Berger über wichtige Lebensentscheidungen, die Liebe zum Nordsee-Paradies und das Erfolgsrezept für die Mitarbeitergewinnung im Familienbetrieb
Verena Berger, 41 Jahre alt und Mutter zweier Kinder, stand nach ihrem Universitätsabschluss vor der Wahl: eine Karriere in New York aufzubauen oder die Tourismusbranche in Cuxhaven zu revolutionieren. Sie entschied sich für die Stadt, wo die Elbe in die Nordsee fließt. Seit 2012 führt Verena Berger gemeinsam mit ihrem Mann Elmar das Familienunternehmen Berger Touristik und vermittelt 130 hochwertige Ferienimmobilien in der Region Cuxhaven. Wir sprachen mit ihr über ihre Entscheidung für Cuxhaven, die Magie der Urlaubsregion an der Nordsee, ihre Strategien zur Mitarbeitergewinnung im Familienbetrieb – und wie es gelingt, motivierte Mitarbeiter für Stadt und Unternehmen zu begeistern.
Wattenmeer statt Wall Street: Warum hast du dich 2010 für Cuxhaven und gegen ein Studium in New York entschieden?
Der Liebe wegen. Ich habe meinen Mann vor meinem Studium in Heidelberg kennengelernt und wollte danach mein Leben mit ihm verbringen. Elmar hat mich nie dazu gedrängt, im Gegenteil. Er ermutigte mich, mein Leben zu leben, wo und wie ich möchte. Ich konnte also immer meine eigenen Entscheidungen treffen und in diesem Fall lautete die: Cuxhaven statt New York. Ich habe es bis heute nicht bereut.
„Cuxhaven hat dem Urlauber alles zu bieten und besonders durch die kostenlose Vielfalt an Attraktionen ein Alleinstellungsmerkmal in Deutschland vorzuweisen.“
Was bedeuten dir Cuxhaven und die Region?
Obwohl ich gebürtige Hannoveranerin bin, kannte ich Cuxhaven vorher nicht. Ich habe es erst kennengelernt, als mein Mann mich hier meinen Schwiegereltern vorstellte. Zu Beginn fiel es mir zugegebenermaßen schwer, mich mit dem Ort zu identifizieren. Also sind wir eine Zeit lang von Bremen aus gependelt. Diese Sicherheit, in der Großstadt zu leben, brauchte ich anfangs. Doch nach und nach ließ ich mich auf Cuxhaven ein. Wir bauten uns einen Freundeskreis auf und entdeckten all die Vorzüge der schönen Natur, der Ruhe und des etwas gemächlicheren Lebens für uns. Mittlerweile fühle ich mich hier wie zu Hause. Insbesondere als zweifache Mutter habe ich Cuxhaven lieben gelernt! Wir wohnen, wo andere Urlaub machen. Nach Feierabend ans Wasser gehen, Muscheln sammeln, die Meeresluft genießen – für meine Familie ist das Gold wert!

Warum sollte man in Cuxhaven Urlaub machen und zu welcher Jahreszeit lohnt es sich besonders?
Was ich jedem nur ans Herz legen kann, ist: sich an die „Alte Liebe“ setzen und den vorbeifahrenden Kähnen zusehen, im Watt Muscheln und Krebse suchen, schier endlos an sauberen Stränden zur Kugelbake spazieren, in eines der zahlreichen Lokale am Wasser einkehren, mit den Menschen ins Gespräch kommen. Und natürlich: eines der frisch aus dem Fang stammenden Fischbrötchen essen – am besten auf der Insel Neuwerk bei Sonnenuntergang. Die Möglichkeiten sind fast unbegrenzt, für Erwachsene und für Kinder. Cuxhaven hat dem Urlauber alles zu bieten und besonders durch die kostenlose Vielfalt an Attraktionen ein Alleinstellungsmerkmal in Deutschland vorzuweisen.
Cuxhaven gibt euch bei Berger Touristik viel: Was gebt ihr Cuxhaven zurück?
Wir sehen uns mittlerweile als Botschafter der Stadt. Das bringt unser Geschäftsmodell aber auch fast schon zwangsläufig mit sich. Denn natürlich fragen uns unsere Gäste fleißig über Cuxhaven und die Sehenswürdigkeiten der Umgebung aus. Wir haben also etwas davon, alles auszuprobieren, was die Region zu bieten hat, und unseren Gästen davon ein authentisches Bild zu vermitteln. Diese Fülle an Informationen passen aber in keine Gästemappe der Welt, schon gar nicht auf einem stets aktuellen Stand. Also haben wir 2019 unser digitales „Cuxhaven Magazin“ ins Leben gerufen. Dieses Produkt ist zu 100 Prozent Berger Touristik. Unsere Mitarbeiter füllen es mit ihrem persönlichen Inhalt. Sie probieren Sehenswürdigkeiten, Ausflugsziele, sammeln Geheimtipps und schreiben darüber. Authentischer geht es nicht!
Und seit Neuestem seid ihr auch Hosts eures eigenen Cuxhaven-Podcasts „Hafenplauderei“.
Ganz genau. Wir wollen, dass Cuxhaven noch bekannter wird, als es ist. Zwar gibt es in Cuxhaven schon den einen oder anderen Podcast, aber es gibt keinen Podcast über Cuxhaven. Das haben wir geändert. Nun sprechen wir regelmäßig mit typischen Einwohnern, Vertretern der Stadt, Unternehmern, Anbietern von Attraktionen. Das beflügelt auch uns selbst. Wir lernen so die Stadt und ihre Menschen auf eine viel intensivere Art kennen als das sonst möglich wäre – für die Touristen, aber auch für Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt nach Cuxhaven verlagern wollen, ein echter Mehrwert! Wenn unser Podcast dazu beiträgt, dass (junge) Menschen hier leben und arbeiten wollen, haben wir alles richtig gemacht.
„Denn auch sie sind ja ein Teil unseres Unternehmens, sind hier willkommen und sollen hier auch sein. Unser Kühlschrank ist immer voll; es ist immer spannendes Spielzeug da. Und das schweißt unheimlich zusammen.“
Stichwort Fachkräfte- und Mitarbeitergewinnung im Familienbetrieb: Wie gelingt es euch, die passenden Bewerber anzulocken? Welche Profile sucht ihr?
Wir haben uns immer gefragt: Was müssen wir tun, damit die potenziell passenden Leute zu uns kommen? Um die Frage immer wieder neu zu beantworten, konsultieren wir unsere aktuellen Mitarbeiter regelmäßig, was sie brauchen, damit sie sich mit ihrer Arbeit bei uns wohlfühlen. Aus den Antworten entnehmen wir: Unsere 100 %-Digitalität ist ein ganz großer Faktor! Das mobile Arbeiten, die dadurch gewonnene Flexibilität und Familienfreundlichkeit, macht uns zum attraktiven Arbeitgeber.

Ihr habt sogar ein eigenes Kinderzimmer in den Büroräumen eingerichtet!
Natürlich. Mein Mann Elmar und ich sind selbst zweifache Eltern. Wir wissen, welchen Spagat Menschen mitunter gezwungen sind zu leisten, um Familie und Beruf zu vereinbaren – insbesondere, wenn die Ganztagsbetreuung der Kleinen nicht immer gewährleistet ist. Wir haben also ein Zimmer eingerichtet, in dem sich die Kinder unserer Mitarbeiter willkommen fühlen und gern Zeit verbringen. Denn auch sie sind ja ein Teil unseres Unternehmens, sind hier willkommen und sollen hier auch sein. Unser Kühlschrank ist immer voll; es ist immer spannendes Spielzeug da. Und das schweißt unheimlich zusammen. Die ganze Belegschaft fasst dadurch Vertrauen zueinander und spornt sich zu Höchstleistungen an. Und das ist natürlich auch ein zentraler Teil unserer Mitarbeitergewinnung.
Ist das ein persönliches Herzensprojekt von dir?
Von uns beiden – Elmar und mir. Wir haben unsere Beziehung als Paar und unsere gemeinsame Biografie als Unternehmer immer unter folgendem Gesichtspunkt betrachtet: Es ist nicht nur wichtig, dass die Frau in der Familie arbeitet, sondern dass beide Partner arbeiten und gleichzeitig fürsorgliche und verlässliche Eltern sind. Das möchten wir allen unseren Mitarbeitern ebenfalls ermöglichen. Ein Kind braucht Vorbilder und es muss sehen: Die Arbeit ist natürlich, sie gehört zum Alltag. Es muss erleben, was Mama und Papa täglich leisten und wie sie einen großen Teil ihres Tages verbringen.
„Wir wissen: Jeder, der hier arbeitet, arbeitet hart, leistet viel und sollte dann auch die Gelegenheit bekommen, seine Spuren zu hinterlassen.“
Hast du Ratschläge an mitlesende Unternehmer, wie man nachhaltig Motivation, Identifikation und Leistungsbereitschaft sichern kann?
Zunächst einmal sollte man ehrlich zu sich selbst sein: Mitarbeiter bleiben heute in den seltensten Fällen ein Leben lang bei einem Arbeitgeber. Schon gar nicht in unserer Branche. Aber für die begrenzte Zeit, in der man zusammenarbeitet, sollte man versuchen, füreinander der jeweils perfekte Wegbegleiter zu sein. Elmar und mir ist es unheimlich wichtig, das Team an allen Entscheidungen zu beteiligen. Denn mein Mann und ich haben nur zwei Köpfe und zwei Gehirne; das ist viel zu wenig! Wir wissen: Jeder, der hier arbeitet, arbeitet hart, leistet viel und sollte dann auch die Gelegenheit bekommen, seine Spuren zu hinterlassen. Unsere Mitarbeiter haben ihre jeweiligen Expertisen; in diesen Bereichen sollen sie schalten und walten, um im Falle eines Abschieds von uns mit Stolz auf das gemeinsam Erreichte zurückblicken zu können. Diese Devise verfolgen wir vom Praktikanten bis zum Teamleiter.
Wie viele Mitarbeiter beschäftigt ihr in welchen Bereichen?
Wir haben derzeit 13 Mitarbeiter in den Bereichen Marketing, Verkauf, Buchhaltung, Service-Innendienst, Außendienst, Reinigung. In unseren Teams haben wir eine sehr spannende Mischung aus erfahrenen Kräften und jungen Mitarbeitern am Beginn ihrer Laufbahn – Azubis, Praktikanten, Studierende, frisch Ausgebildete. Darauf legen wir großen Wert und haben schon mehrere Mitarbeiter vom Praktikum bis zum Ausbildungsabschluss begleitet. Unser Reinigungsteam ist international aufgestellt: Über 42 Prozent besitzen nicht die deutsche Staatsbürgerschaft.
„Diesen Herausforderungen sollte sich ein Arbeitgeber dann eben auch stellen, damit Integration nicht nur nobles Gerede bleibt.“
Wie sorgt ihr für eure ausländischen Mitarbeiter und integriert sie ins Team?
Wir sprechen intern Englisch. Wo auch das an Grenzen stößt, setzen wir auf eine Übersetzungs-App und können so eine relativ reibungslose Kommunikation über Sprachbarrieren hinweg gewährleisten. Wir sind sehr stolz auf unser internationales Team, gleichwohl darf man die Augen nicht vor den Herausforderungen verschließen. Das fängt bei der Essensauswahl auf gemeinsamen Events an, und geht weiter bei der Vermittlung unterschiedlicher biografischer Hintergründe, kultureller oder religiöser Spannungen, Haltung zu weiblichen Vorgesetzten und Erfahrungen mit Krieg und Flucht. Gleichzeitig ist das für uns eine enorme Chance, diese Spannungen im gemeinsamen Dialog aufzulösen und damit gegenseitiges Verständnis zu fördern. Diesen Herausforderungen sollte sich ein Arbeitgeber dann eben auch stellen, damit Integration nicht nur nobles Gerede bleibt.

Wenn du heute auf eine junge Frau stoßen würdest, die vor der gleichen Wahl steht, vor der du 2010 standest: Cuxhaven oder New York – was würdest du ihr empfehlen?
Für mich war wichtig, dass ich keinen Druck hatte, meine Entscheidungen zu treffen. Ich musste nichts, sondern konnte frei meinen Weg finden. Und ich habe mir bewusst die Zeit genommen, Cuxhaven als Heimat zu entdecken – auch und vor allem, weil ich in den ersten Jahren von Bremen aus gependelt bin. Zugleich hätte mir damals ein weibliches Vorbild gutgetan, dass mir von persönlichen Erfahrungen als Unternehmerin und Geschäftsführerin berichtet. Deshalb sind Netzwerktreffen unheimlich wichtig. Ich kann also jungen Frauen, die heute vor einer vergleichbaren Lebensentscheidung stehen wie ich damals, nur empfehlen, sich beraten zu lassen. Persönlich, aber eben auch wirtschaftlich! Elmar und ich haben uns 2011 einen Unternehmensberater an die Seite genommen, um den bestmöglichen Start mit Berger Touristik hinzulegen. Wir waren überzeugt, dass wir diese Außenperspektive aufs Unternehmen brauchen würden. Und davon sind wir noch heute überzeugt – weshalb wir seit letztem Jahr überaus vertrauensvoll und erfolgreich mit Stefan Nickel von der ETL Unternehmensberatung GmbH in Bremerhaven zusammenarbeiten.




