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Neues Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz

Was Unternehmen bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit erwartet

Neues Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz
Aktuelles
09.12.2025 — Lesezeit: 6 Minuten

Neues Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz

Was Unternehmen bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit erwartet

Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung werden seit Jahren intensiver bekämpft, gleichzeitig werden Arbeitszeit und Mindestlohn immer stärker reguliert. Mit dem neuen Gesetz zur Modernisierung und Digitalisierung der Schwarzarbeitsbekämpfung erhält der Staat nun ein deutlich wirksameres Instrument, um Kontrollen zu bündeln und gezielt auf auffällige Betriebe zu lenken. Der Bundestag hat das Gesetz am 13. November 2025 in der vom Finanzausschuss geänderten Fassung beschlossen. Der Bundesrat muss sich noch damit befassen; das Gesetz ist daher noch nicht in Kraft.

Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit, kurz FKS, ist eine Spezialeinheit des Zolls. Sie kontrolliert unter anderem, ob Mindestlöhne gezahlt, Sozialversicherungsbeiträge korrekt abgeführt und Beschäftigungsverhältnisse ordnungsgemäß angemeldet sind. Zudem geht sie gegen Scheinselbstständigkeit, illegale Beschäftigung und illegale Arbeitnehmerüberlassung vor. Mit dem neuen Gesetz wird diese Einheit organisatorisch, personell und technisch gestärkt und ihre Arbeitsweise stärker digital ausgerichtet.

Zentrale FKS und Risikomanagement – Weg von der Zufallskontrolle

Herzstück der Reform ist eine neue Zentralstelle der FKS mit einem systematischen Risikomanagement und einem modernen Informations- und Datenanalysesystem. Dort werden künftig Daten aus Finanzverwaltung, Sozialversicherung und anderen Behörden zusammengeführt und automatisiert ausgewertet. Anhand festgelegter Risikokriterien wie Branche, Lohn- und Beitragsstruktur oder Meldeverhalten sollen Schwerpunkte für Kontrollen festgelegt werden.

Damit verlagert sich der Schwerpunkt weg von reinen Zufallskontrollen hin zu risikoorientierten Einsätzen. Betriebe mit schlüssigen und konsistenten Daten geraten tendenziell seltener in den Fokus, während ungewöhnliche oder offensichtlich unstimmige Konstellationen häufiger Anlass für Prüfungen bieten. Für Unternehmen wird es damit noch wichtiger, dass alle Meldungen und Lohnabrechnungen intern stimmig sind und sich gegenüber den Sozialversicherungsträgern und dem Finanzamt widerspruchsfrei darstellen.

Risikobranchen – wer besonders im Blick der FKS steht

Das Gesetz überarbeitet den Katalog der sogenannten Risikobranchen. Klassische Bereiche wie Baugewerbe, Gebäudereinigung, Gastronomie, Logistik oder Fleischwirtschaft bleiben stark im Fokus, weil hier erfahrungsgemäß ein hohes Risiko für Schwarzarbeit, Mindestlohnverstöße und Scheinwerkverträge besteht.

Neu hinzu kommen Friseur- und Kosmetiksalons. Für diese Betriebe bedeutet das insbesondere strengere Melde- und Dokumentationspflichten, zum Beispiel beim Einsatz von Minijobbern oder Teilzeitkräften. Beschäftigte müssen ausdrücklich darüber informiert werden, dass sie bei Kontrollen einen amtlichen Lichtbildausweis mit sich führen müssen, in der Praxis also Personalausweis oder Reisepass. Der früher in einigen Branchen vorgeschriebene Sozialversicherungsausweis spielt dabei keine Rolle mehr und wurde seit dem Jahr2023 ganz abgeschafft.

Die wachsende Bedeutung von Plattform- und App-Modellen spiegelt sich ebenfalls wider. Plattformbasierte Lieferdienste, etwa Fahrradkuriere für Essenslieferungen, werden ausdrücklich in die Logistikbranche einbezogen. Diese Unternehmen müssen sich auf die gleichen strengen Prüfstandards einstellen wie klassische Logistikbetriebe. Im Gegenzug werden Forstwirtschaft und das klassische Fleischerhandwerk aus dem Katalog gestrichen, was dort zu etwas weniger Kontrolldichte führen kann, aber die allgemeinen Pflichten nicht aufhebt.

Wichtig: Dies bedeutet, dass sich ab 2026 die Liste der betroffenen Branchen für die Sofortmeldepflicht ändert. Arbeitgeber in bestimmten Branchen müssen den Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses spätestens am ersten Arbeitstag bei der Deutschen Rentenversicherung melden (§ 28a Abs. 4 SGB IV):

  • Baugewerbe
  • Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe
  • Personenbeförderungsgewerbe
  • Speditions-, Transport- und Logistikgewerbe
  • Schaustellergewerbe
  • Forstwirtschaft (bis 31.12.2025)
  • Gebäudereinigungsgewerbe
  • Unternehmen, die beim Auf- und Abbau von Messen/Ausstellungen tätig sind
  • Fleischwirtschaft
  • Prostitutionsgewerbe
  • Wach- und Sicherheitsgewerbe
  • Friseur- und Kosmetikgewerbe (ab 01.01.2026)

Digitale Prüfungen und erweiterte Mitwirkungspflichten

Die Befugnisse der FKS bei der Einsicht in Unterlagen und Daten werden deutlich erweitert. Prüferinnen und Prüfer dürfen Geschäftsräume während der üblichen Arbeitszeiten betreten und Unterlagen einsehen, unabhängig davon, ob diese in Papierform, in einem lokalen System oder in einer Cloud-Lösung gespeichert sind. Sie dürfen betriebliche IT-Systeme nutzen, um auf Lohn- und Personaldaten zuzugreifen, sofern die Informationssicherheit gewährleistet ist.

Neu ist auch, dass Unterlagen zur weiteren Auswertung mitgenommen oder als Kopien beziehungsweise elektronische Abschriften gesichert werden können. Alternativ kann verlangt werden, dass Daten elektronisch übermittelt oder ein digitaler Zugriff von der Amtsstelle aus ermöglicht wird. Diese Befugnisse gelten nicht nur für den Zoll, sondern weitgehend parallel auch für die nach Landesrecht zuständigen Behörden, die Ordnungswidrigkeiten verfolgen.

Für Unternehmen bedeutet das eine deutliche Verschärfung der Mitwirkungspflichten. Sie müssen in der Lage sein, prüfungsrelevante Unterlagen wie Arbeitsverträge, Lohnabrechnungen, Meldungen zur Sozialversicherung, Einsatzpläne und Arbeitszeitnachweise zeitnah, strukturiert und in auswertbarer Form bereitzustellen. Spontan zusammengetragene Excel-Listen oder handschriftliche Notizen werden in vielen Fällen nicht mehr ausreichen.

Arbeitszeiterfassung als Prüfungsfeld – EuGH und BAG im Hintergrund

Die Reform fügt sich in eine Entwicklung ein, bei der Arbeitszeit stärker in den Fokus rückt. Der Europäische Gerichtshof hat bereits 2019 in einem Grundsatzurteil (Urteil vom 14. Mai 2019, C – 55/18) entschieden, dass die Mitgliedstaaten ein objektives und verlässliches System zur Messung der täglichen Arbeitszeit verlangen müssen. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Linie im Jahr 2022 aufgegriffen und in einem Beschluss (vom 13. September 2022, 1 ABR 22/21) klargestellt, dass Arbeitgeber schon nach geltendem deutschen Recht verpflichtet sind, die Arbeitszeit der Beschäftigten zu erfassen und dazu eine geeignete Organisation im Betrieb zu schaffen.

Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass die FKS im Rahmen von Mindestlohn- und Schwarzarbeitsprüfungen verstärkt Arbeitszeitdokumentationen anfordert. Diese werden mit Lohnabrechnungen, Sozialversicherungsnachweisen und gegebenenfalls Einsatzplänen abgeglichen. In Branchen mit vielen Minijobs, Teilzeit- und Schichtmodellen, insbesondere in Gastronomie, Logistik, Friseur- und Kosmetikbetrieben oder Gebäudereinigung, werden lückenhafte oder widersprüchliche Arbeitszeitaufzeichnungen künftig ein deutliches Risikosignal darstellen.

Unternehmen sollten daher nicht nur auf formale Zeiterfassungssysteme setzen, sondern auch auf Plausibilität achten. Wenn geleistete Stunden und abgerechneter Lohn nicht zueinander passen, kann das bei einer FKS-Prüfung als Hinweis auf Schwarzarbeit oder verdeckte Überstunden gewertet werden.

Praktische Empfehlungen für Unternehmen

Unternehmer sollten die Entwicklung zum Anlass nehmen, ihre Prozesse zur Meldung und Dokumentation von Beschäftigungsverhältnissen zu überprüfen, die Arbeitszeiterfassung vollständig und verlässlich zu organisieren und prüfungsrelevante Unterlagen strukturiert und elektronisch zugänglich vorzuhalten. Des Weiteren sollten sie ihre Beschäftigten schriftlich auf Ausweispflichten bei Kontrollen hinweisen und klare interne Abläufe für den Fall eines FKS-Einsatzes festlegen. Soweit ein Betriebsrat besteht, sollte er frühzeitig in die Ausgestaltung praxistauglicher und rechtssicherer Zeiterfassungssysteme eingebunden werden.

Die ETL-Rechtsanwälte unterstützen Sie dabei gern.

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